Steuerhinterziehung

 

Finanzamt belogen ?

 

Sie haben das Finanzamt belogen? Macht nix, denn Sie befinden sich in guter Gesellschaft. Experten gehen davon aus, dass diese Form der persönlichen Steuerpolitik von ca. 80% - 90% der Steuerpflichtigen geteilt wird. Zum Belügen gehören ja nicht nur die in der Steuererklärung zufällig "vergessenen" Zinsen der Ersparnisse in Luxemburg oder die nicht versteuerten Schwarzgelder aus der Bau- oder Gastronomiebranche.

Zum Belügen des Finanzamtes gehört auch die falsche Kilometerangabe bei der Entfernungspauschale zwischen Arbeitsplatz und Wohnort, die als Betriebsausgabe abgesetzte Taxiquittung, obwohl man eigentlich nur nach der Kegelrunde den Führerschein nicht riskieren wollte. Oder die berühmte Restaurantquittung als Geschäftsessen, obwohl man doch nur mit guten Freunden den neuen Franzosen um die Ecke getestet hat. Oder der als Betriebsfahrzeug abgesetzte PKW, obwohl die Tochter den Flitzer für private Zwecke nutzt. Belügen heißt nämlich (wie in den meisten Fällen) auch weglassen.

Nirgends in Deutschland wird so gelogen wie bei Grabreden und in Steuererklärungen.

 

Was ist Steuerhinterziehung?


Hier hilft ein Blick ins Gesetz. In § 370 Abgabenordnung (AO) heißt es:

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

  1. den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
  2. die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
  3. pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt

und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

 

Besonders schwere Fälle


Der wichtigste besonders schwere Fall ist nach § 370 Abs. 3 AO die Steuerhinterziehung in "großem Ausmaß", die mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren bestraft werden kann. Von einem "großen Ausmaß" geht der BGH seit einer Entscheidung aus dem jahr 2015 bei einer Steuerhinterziehung von über 50.000 Euro aus. Das gilt aber nicht als Summe, sondern pro Veranlagungsjahr.

 

Risikoabwägung bei der Selbstanzeige

Durch eine Selbstanzeige kann der reuige Steuersünder unter bestimmten Voraussetzungen Straffreiheit erlangen. Im Prinzip ist die Frage, ob man eine Selbstanzeige beim Finanzamt abgeben soll, eine Art Risikoabwägung: wie hoch ist das Risiko der Entdeckung und was "kostet" mich die Selbstanzeige, denn der Staat gewährt den Ablass nut gegen Nachzahlung plus Zinsen. Ein anderer Punkt kann natürlich auch die echte Läuterung sein bzw. das schlechte Gewissen, das einen keinen Schlaf finden lässt. Hier muss man aber wohl unterscheiden zwischen den Zockern und "Profis" unter den Steuersündern (mit mehreren Millionen Schwarzgeld und dem Höchststeuersatz) und dem Rentner, der seine mühsam ersparten Kröten zur Aufbesserung der kargen Rente heimlich in Luxemburg angelegt hat (bei einem Durchschnittssteuersatz von oft unter 30%).

In vielen "kleineren" Fällen kann es auch bei geringem Entdeckungsrisiko ratsam sein, sich dem Finanzamt zu offenbaren. Das "schwarze" Geld ist dann auch für die Zukunft sauber und man kann wieder ruhig schlafen, was oft mehr wert ist, als ein paar Tausender mehr oder weniger in Luxemburg. Bei zahlreichen älteren Mitbürgern spielt eine wichtige Rolle, dass man später kein Schwarzgeld vererben will und damit ein strafrechtliches Problem auf die nächste Generation abwälzt.

 

Verjährung


Die Strafverfolgungsverjährung beträgt bei "einfacher" Steuerhinterziehung fünf Jahre und  bei Steuerhinhterziehung in einem besonders schweren Fall nach § 370 Abs. 3 AO (z.B. "großes Ausmaß") sogar 15 Jahre seit einer Gesetzesänderung von Ende 2020. Diese Fristen können sich durch genau festgelegte Unterbrechungsmaßnahmen (z.B. Durchsuchung, Beschlagnahme etc.) noch  verlängern. Die sog. absolute Verjährung beträgt unabhängig von möglichen Unterbrechungen bei besonders schweren Fälle inzwischen unglauliche 37,5 Jahre seit der Gesetzesänderung von Ende 2020. Wenn das Verfahren vor einem Landgericht innerhlab dieser 37,5 Jahre wenigstens eröffnet wurde, hätte das Gericht nach § 78b Abs. 4 StGB noch weitere 5 Jahre Zeit bis zum Urteil. Das wären dann schlappe 42,5 Jahre, bis man so richitg sicher vor einer Verurteilung wäre. Der Lauf der Frist beginnt mit der Beendigung der Steuerhinterziehung. Da die Frage der Verjährung nicht ganz einfach, aber sehr wichtig ist, sollte sie von einem Rechtsanwalt geprüft werden.

 

Mehrere Beteiligte


Wenn mehrere Beteiligte betroffen sind (z.B. Eheleute, Erbengemeinschaften oder mehrere Geschäftführer von Unternehmen) muss natürlich gemeinsam über weitere Schritte nachgedacht werden.

Denn wenn nur einer der Beteiligten sich offenbart, ist es für die anderen in der Regel zu spät. Vorsicht geboten ist vor allem bei zerstrittenen Erbengemeinschaften, wenn der reiche Erbonkel Schwarzgeld hinterlassen hat. Es kommt dann schon mal vor, dass der eine mit der Selbstanzeige die anderen "in die Pfanne" haut.

 

Verschwiegenheit!

Wenn Sie nun überlegen, sich ihrer "Steuervergangenheit" zu stellen, dann reden Sie nur mit Leuten darüber, die beruflich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und vor Gericht entsprechend auch ein Zeugnisverweigerungsrecht haben (Anwälte, Steuerberater und wenn es Ihnen hilft auch ihr Priester). Zahlreiche Steuerstraftaten werden "entdeckt" durch Hinweise von geschiedenen oder enttäuschten Ehefrauen, Geliebten oder ehemaligen Geschäftspartnern.

Sollten Sie mit einem Rechtsanwalt Kontakt aufnehmen wollen, so finden Sie unter www.anwaltauskunft.de einen Fachmann in Ihrer Nähe. Dort sind alle ca. 70.000 Rechtsanwälte, die Mitglied im Deutschen Anwaltverein sind, nach Fachgebieten gespeichert. Telefonisch erreichen Sie die Deutsche Anwaltauskunft unter 01805/18 18 05.

 

Welche Strafen drohen?

 

Diese Frage lässt sich nur grob beantworten. Man darf allerdings nach einer Grundsatzentscheidung des BGH vom 02.12.2008 davon ausgehen, dass bei hinterzogenen Steuern ab 100.000,- € mit Freiheitsstrafe gerechnet werden muss. Diese kann nach der Entscheidung des BGH in der Regel noch zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn der Steuerschaden unter 1 Millionen € liegt. Bei mehr als 1 Millionen € Steuerschaden muss in der Regel mit Haft gerechnet werden.

Die Höhe der Strafe hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalles und dem Vorleben des Täters ab. Wer also "mal wieder" erwischt wird, hat da schon schlechtere Karten.

Bei kleineren Summen kursieren unter Experten auch sog. "Preislisten", wie bei den einzelnen Oberfinanzdirektionen die Strafen berechnet werden (meist nach Tagessätzen pro 500,- Euro hinterzogener Steuer). Solche Listen sind eigentlich rechtswidrig, aber erfreuen sich trotzem großer Beleibtheit.

Ab einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen gilt man übrigens auch als vorbestraft, weil ab dieser Grenze Verurteilungen für alle sichtbar im polizeilichen Führungszeugnis eingetragen werden. Bei einer Veurteilung von mehr als 60 Tagesätzen kann der Waffenschein oder der Jagdschein entzogen werden.

 



Kontakt

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